Die zeitgewichtete Rendite gibt Auskunft über die Entwicklung deines Investments, ohne dabei zu berücksichtigen, wann du Geld eingezahlt oder abgehoben hast. Sie konzentriert sich ausschließlich auf die Wertentwicklung deiner Anlage und beseitigt den Einfluss deiner Ein- und Auszahlungen.
Beim Blick auf dein Depot fragst du dich, ob deine Geldanlage tatsächlich so gut läuft, wie du gedacht hast. Die Zahlen sind jedoch nicht nachvollziehbar für dich, da du zwischendurch Geld eingezahlt oder entnommen hast. Hier kommt die zeitgewichtete Rendite ins Spiel - sie gibt dir endlich Klarheit über die echte Performance deiner Investments.
Die zeitgewichtete Rendite zeigt ausschließlich die Qualität deiner Anlageentscheidungen, ohne dass störende Ein- oder Auszahlungen das Ergebnis beeinflussen.
Stell dir das so vor: Du kaufst einen ETF für 10.000 Euro. Du leistest nach sechs Monaten eine weitere Einzahlung in Höhe von 5.000 Euro, da du einen Bonus erhalten hast.
Am Jahresende ist dein Depot 16.500 Euro wert. Hast du jetzt 10 Prozent Rendite gemacht? Die Antwort ist leider komplizierter, als man zunächst denkt.
Zeitgewichtung bedeutet, dass jede Periode deiner Geldanlage gleich behandelt wird - egal wie viel Kapital du zu welchem Zeitpunkt investiert hattest. Das Verfahren teilt deine Anlagezeit in einzelne Abschnitte, berechnet für jeden Abschnitt die Rendite und verknüpft diese mathematisch miteinander.
Die Methode funktioniert ähnlich wie ein Reset-Knopf. Sobald du Geld hinzufügst oder entnimmst, startet die Berechnung neu. Dadurch siehst du, wie sich deine Anlage in den verschiedenen Zeiträumen entwickelt hat, ohne dass deine Zahlungsaktivitäten die Zahlen durcheinanderbringen.
Banken und Fondsgesellschaften nutzen diese Methode standardmäßig, weil sie ein objektives Bild der Anlageperformance liefert. Wenn dein Berater sagt "unser Fonds hat letztes Jahr 8 Prozent geschafft", meint er die zeitgewichtete Rendite. Sie ist quasi der Goldstandard für Performancevergleiche.
Die Zeitgewichtung eliminiert ein häufiges Problem: den Timing-Effekt deiner Zahlungen. Stell dir vor, du investierst ausgerechnet dann viel Geld, wenn die Kurse hoch sind, oder ziehst Geld ab, wenn sie niedrig sind. Eine normale Renditeberechnung würde dich schlechter dastehen lassen, obwohl die Anlage selbst gut gelaufen ist.
Die Berechnung erfolgt systematisch, und du kannst sie auch selbst nachvollziehen. Im Kern teilst du deine Anlagephase in Perioden auf und verknüpfst die Einzelrenditen miteinander.
Erste Phase: Perioden identifizieren Jede Ein- oder Auszahlung markiert das Ende einer Periode. Zwischen dem Start deiner Anlage und der ersten Transaktion liegt die erste Periode. Zwischen der ersten und zweiten Transaktion die zweite Periode, und so weiter.
Zweite Phase: Periodenrenditen ermitteln Für jede Periode rechnest du: (Endwert - Anfangswert) / Anfangswert. Ein- und Auszahlungen fließen nicht in diese Rechnung ein, nur die reine Wertentwicklung zählt.
Dritte Phase: Verknüpfung durchführen Alle Periodenrenditen werden miteinander multipliziert: (1 + Rendite Periode 1) × (1 + Rendite Periode 2) × ... - 1 = zeitgewichtete Gesamtrendite.
Vierte Phase: Annualisierung Bei Zeiträumen über oder unter einem Jahr musst du das Ergebnis entsprechend umrechnen. Die n-te Wurzel ziehen für mehrjährige Perioden oder entsprechend hochrechnen für kürzere Zeiträume.
Fünfte Phase: Interpretation Das Endergebnis zeigt dir die reine Anlageperformance, bereinigt um alle Zahlungseffekte.
Hier ein konkretes Beispiel mit echten Zahlen:
Ausgangssituation:
Die Berechnung:
Periode 1: (11.000 - 10.000) / 10.000 = 0,10 (10%)
Periode 2: (17.600 - 16.000) / 16.000 = 0,10 (10%)
Zeitgewichtete Rendite: (1,10 × 1,10) - 1 = 0,21 = 21%
Das entspricht etwa 10% jährlicher Rendite mit Zinseszinseffekt. Das zeigt dir die echte Performance deiner Anlageentscheidung, ungestört von der Tatsache, dass du zwischendurch Geld nachgeschossen hast.
Die manuelle Berechnung wird schnell aufwändig, wenn du viele Transaktionen hattest. Zum Glück gibt es hilfreiche Tools, die dir die Arbeit abnehmen.
Portfolio Performance ist eine kostenlose Software, die automatisch die zeitgewichtete Rendite berechnet. Du importierst einfach deine Kontobewegungen und erhältst professionelle Auswertungen. Das Tool wird von vielen Privatanlegern geschätzt, weil es transparent und zuverlässig arbeitet.
Excel-Lösung für Fortgeschrittene: Mit der Formel "=XINTZINSFUSS()" kannst du die interne Zinsfuß-Methode nutzen. Allerdings brauchst du dafür alle Transaktionsdaten mit exakten Daten. Für die zeitgewichtete Rendite ist das eher umständlich.
Online-Depots zeigen beide Werte: Die meisten modernen Broker wie Trade Republic, Scalable Capital oder ING weisen sowohl zeit- als auch geldgewichtete Renditen aus. Schau in deinen Depot-Einstellungen nach "Performance-Ansicht" oder "Renditeberechnung".
Viele Anleger nutzen eine Kombination: Portfolio Performance für die detaillierte Analyse und den Broker für den schnellen Überblick. So behältst du immer den Durchblick über deine tatsächliche Performance.
Der Unterschied zwischen beiden Methoden wird deutlich, wenn du dir vorstellst, wie sie mit deinen Zahlungen umgehen. Die zeitgewichtete Rendite ignoriert deine Ein- und Auszahlungen, während die geldgewichtete Rendite sie voll berücksichtigt.
Die geldgewichtete Rendite (Internal Rate of Return) beantwortet die Frage:
"Welche jährliche Rendite hätte ich gebraucht, um mit meinen Ein- und Auszahlungen auf das aktuelle Endergebnis zu kommen?" Sie berücksichtigt das Timing deiner Zahlungen voll.
Die zeitgewichtete Rendite beantwortet dagegen:
"Wie hat sich meine Anlage entwickelt, wenn ich den Zeitpunkt meiner Zahlungen außer Acht lasse?"
Sie zeigt die reine Anlageperformance.
Ein Beispiel um den Unterschied zu verdeutlichen:
Szenario ohne Zwischenzahlungen:
Szenario mit Zwischenzahlung:
Du solltest die zeitgewichtete Rendite immer dann nutzen, wenn du die reine Qualität einer Anlage oder eines Fondsmanagers beurteilen möchtest. Sie eignet sich perfekt für Vergleiche zwischen verschiedenen Fonds, ETFs oder Anlagestrategien, weil sie nicht durch individuelle Zahlungsmuster verzerrt wird.
Fondsvergleiche werden dadurch fair und objektiv. Wenn du zwei ETFs gegenüberstellst, interessiert dich nicht, wann andere Anleger Geld eingezahlt haben, sondern wie sich die Fonds entwickelt haben. Die zeitgewichtete Rendite macht solche Vergleiche möglich.
Portfolio-Manager bevorzugen diese Methode, weil sie ihre Anlageentscheidungen isoliert bewertet. Ein Manager kann nichts dafür, wenn Anleger zum schlechtesten Zeitpunkt Geld einzahlen oder abziehen. Die zeitgewichtete Rendite zeigt seine echte Leistung.
Für die Bewertung automatischer Sparpläne ist diese Methode allerdings weniger geeignet. Hier zahlst du regelmäßig ein und die geldgewichtete Rendite gibt dir ein realistischeres Bild deines persönlichen Anlageerfolgs.
Die zeitgewichtete Rendite hilft dir auch bei der Erfolgskontrolle deiner Anlagestrategie. Sie zeigt dir, ob deine Entscheidungen (Aktien vs. Anleihen, Deutschland vs. Welt, aktiv vs. passiv) richtig waren, unabhängig davon, wann du Geld zur Verfügung hattest.
Schauen wir uns drei typische Situationen an, in denen die zeitgewichtete Rendite dir hilft, deine Investments besser zu verstehen.
Beispiel 1: Der chaotische ETF-Sparplan
Maria investiert monatlich in einen Welt-ETF:
Zeitgewichtete Rendite: (1,083 × 0,873 × 1,231 × 0,958) - 1 = 11,2% Eingezahlt: 3.400 Euro Depotwert: 3.523 Euro
Das zeigt Maria: Der ETF hat trotz der Achterbahnfahrt solide 11,2% gemacht. Ihre persönliche Rendite ist wegen der vielen Einzahlungen geringer, aber die Anlagestrategie funktioniert.
Beispiel 2: Die Erbschaft zur Unzeit
Thomas hat einen Aktienfonds, der über 5 Jahre im Schnitt 6,8% pro Jahr brachte (zeitgewichtet). Im Jahr 3 erbt er 50.000 Euro und investiert alles - leider eine Woche vor dem großen Crash 2022. Seine geldgewichtete Rendite ist miserabel (-8,4%), aber die zeitgewichtete Rendite zeigt: Seine Fondswahl war richtig. Nur das Timing war Pech.
Beispiel 3: Der Fondsvergleich
Anna will wissen, ob ihr aktiver Fonds wirklich besser ist als ein simpler ETF:
Die zeitgewichtete Rendite ist wie ein Labortest für deine Anlageentscheidungen. Sie filtert alle äußeren Einflüsse heraus und zeigt dir das reine Ergebnis deiner strategischen Wahl.
Ist die zeitgewichtete Rendite immer höher als die geldgewichtete? Nein, das hängt vom Timing deiner Ein- und Auszahlungen ab. Wenn du zufällig immer zu günstigen Zeitpunkten gekauft hast, kann deine geldgewichtete Rendite höher sein. Meist ist es aber umgekehrt, weil Anleger oft zur Unzeit handeln.
Warum zeigt meine Bank eine andere Rendite als meine Berechnung? Viele Banken verwenden die geldgewichtete Methode für die persönliche Darstellung, weil sie deine individuelle Situation besser widerspiegelt. Fonds und ETFs werden aber standardmäßig zeitgewichtet bewertet. Frag nach, welche Methode verwendet wird.
Kann ich die zeitgewichtete Rendite selbst berechnen? Ja, aber es wird aufwändig, wenn du viele Ein- und Auszahlungen hattest. Du brauchst die genauen Depotstände vor jeder Transaktion. Viele Online-Broker bieten beide Kennzahlen in ihren Auswertungen an.
Welche Rendite sollte ich für Vergleiche nutzen? Für Produktvergleiche (ETF gegen ETF, Fonds gegen Fonds) immer die zeitgewichtete. Für deine persönliche Erfolgsmessung ist die geldgewichtete oft aussagekräftiger, weil sie dein tatsächliches Timing berücksichtigt.
Gibt es Nachteile der zeitgewichteten Betrachtung? Sie kann ein zu optimistisches Bild vermitteln, wenn du systematisch schlecht getimed hast. Für deine persönliche Finanzplanung ist dein tatsächlicher Gewinn (geldgewichtet) relevanter als die theoretische Performance der Anlage.
Wie oft sollte ich die zeitgewichtete Rendite prüfen? Einmal jährlich reicht für die meisten Zwecke. Häufigere Kontrollen können zu nervösem Handeln führen. Nutze sie vor allem bei größeren Anlageentscheidungen oder Portfolio-Umschichtungen als Orientierung.
Die zeitgewichtete Rendite ist ein mächtiges Werkzeug, um deine Anlagestrategie objektiv zu bewerten. Sie trennt sauber zwischen der Qualität deiner Anlageentscheidungen und dem Zufall des Timings. Gerade für Anleger, die ihre Strategie kontinuierlich verbessern möchten, ist sie unverzichtbar.
Du musst sie nicht täglich berechnen, aber du solltest sie verstehen. Sie hilft dir dabei, emotionale Entscheidungen zu vermeiden und dich auf das zu konzentrieren, was du wirklich beeinflussen kannst: die Auswahl deiner Investments und deine Strategie.